von Katharina Leyrer und Michael Markert
Vom 21. bis zum 27. Oktober feiern wir die Open Access Week und setzen uns gemeinsam mit engagierten Einzelpersonen, Projekten und Organisationen weltweit dafür ein, Wissen frei für alle zugänglich zu machen. In diesem Blogbeitrag stellen wir fünf gute Gründe vor, warum auch universitäre Sammlungen uneingeschränkt für alle im Digitalen zugänglich sein sollten – und warum es besser ist, nicht ganz perfekte Datensätze zu publizieren, als Objekte gar nicht auffindbar zu machen.
Universitäre Sammlungen sind für die Öffentlichkeit in vielen Fällen nicht zugänglich, beispielsweise, weil nicht das Personal zur Verfügung steht, um regelmäßige Öffnungszeiten anzubieten oder die Objekte in einem engen Depot unzugänglich stehen. Sind die Objekte aus den Sammlungen jedoch digitalisiert und im Netz publiziert, können auch Interessierte außerhalb des universitären Kontexts auf die oft einzigartigen Sammlungen zugreifen. Dies erhöht nicht nur die Sichtbarkeit der Sammlungen selbst, sondern auch die Sichtbarkeit der Forschung, die mit ihnen betrieben wird.
Stellen wir uns vor, wir forschen zu Schulheften im 19. Jahrhundert. Je nach Fragestellung und Forschungsschwerpunkt könnten wir hier auf zahlreiche unterschiedliche schulgeschichtliche Sammlungen in Deutschland zurückgreifen (eine Übersicht hier). Viel einfacher, als zu den verschiedenen Orten zu fahren und die Schulhefte vor Ort zu sichten, wird unsere Forschung, wenn wir auf die Digitalisate der Schulhefte von unserem Arbeitsplatz aus zugreifen können. Dadurch wird es auch möglich, neue Forschungsfragen zu stellen, deren Bearbeitung ohne die digitale Verfügbarkeit einer größeren Zahl an Schulheften nicht möglich wäre. Zudem können wir so auch Digital-Humanities-Methoden auf unseren Forschungsgegenstand anwenden, beispielsweise aus dem Bereich der Bildklassifikation oder der automatisierten Texterkennung. Eine mögliche Fragestellung wäre beispielsweise, ob es in einem bestimmten Zeitraum der Schulgeschichte je nach Region bestimmte Themen gibt, die in den Schulheften wiederzufinden sind. Indem die Inhalte einer größeren Zahl von Schulheften aus unterschiedlichen Regionen durch automatisierte Texterkennung erfasst werden, kann anschließend mithilfe eines Machine-Learning-Algorithmus analysiert werden, inwiefern sich Gruppen von Heften ausmachen lassen, in denen bestimmte Themen auftauchen (sog. Clustering).
Für frei zugängliche Bilder, Videos und Objekte im Netz gibt es eine leicht nutzbare, internationale und zudem kostenlose Datenbank: Wikimedia Commons. Digitalisate aus universitären Sammlungen können hier schwellenarm hochgeladen werden. Ein großer Vorteil: Wikimedia Commons ist mit anderen Wikimedia-Projekten verknüpft, sodass zum Beispiel Bilder daraus direkt in Wikipedia-Artikel eingebunden werden können. Metadaten zu Sammlungsgegenständen, sowie zu Orten, Personen oder Institutionen lassen sich strukturiert in [Wikidata] ablegen. Der Kunsthistoriker Georg Schelbert verknüpft beispielsweise Digitalisate der Mediathek des Kunsthistorischen Instituts der HU Berlin mit Wikidata-Einträgen und hat dabei selbst über 4.800 Edits in Wikidata durchgeführt (Einblick in seine Arbeitsweise hier). Ein weiteres Plus: Viele Wikimedia-Services sind mehrsprachig, was die Auffindbarkeit von Informationen in verschiedenen Sprachen deutlich erleichtert.
Im Wikiversum können alle auf alles zugreifen, Korrekturen und Ergänzungen vornehmen. Für Sammlungs- und Museumsmitarbeitende ist das ein ungewöhnlicher Gedanke. Oft veröffentlicht man Daten gerade deshalb nicht, weil nicht genug Informationen zu einem Objekt oder einer Person vorhanden sind, der Datensatz noch nicht „perfekt“ ist. In Wikimedia Commons oder Wikidata ist das kein Problem, ganz im Gegenteil: Vielleicht stolpert bald jemand mit dem nötigen Know-How darüber und nimmt Ergänzungen vor – der Datensatz wird ein Stück besser. Allein am Wikidata-Eintrag des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg wurden in den letzten 12 Jahren 293 Ergänzungen und Änderungen von 129 Accounts durchgeführt. Man gibt nicht nur Daten an andere ab, sondern bekommt auch etwas zurück – eine höhere Datenqualität!
Last but not least unterstützen universitäre Sammlungen durch die freie Zugänglichkeit ihrer Objekt die Open-Access-Idee und setzen sich für Wissensgerechtigkeit ein. Unter Wissensgerechtigkeit versteht die Wikimedia Foundation, dass „technische und soziale Hürden abgebaut werden, damit wirklich alle Menschen das Wissen der Welt mitgestalten können“1: Dazu gehört einerseits, dass Informationsressourcen kostenfrei zugänglich sind, und andererseits, dass alle an der Produktion von Wissen teilhaben können. Können Wissenschaftler*innen und Interessierte unabhängig von ihrem Standort und ihren finanziellen Mitteln auf Objekte zugreifen, weil diese kostenfrei im Netz zur Verfügung stehen, ist hier ein Stücken Wissensgerechtigkeit erreicht.
Möchten Sie noch mehr zum Thema Open Access erfahren? Im Rahmen der Open Access Week gibt es zahlreiche Veranstaltungen zum Thema. Oder haben Sie Fragen zum Thema Open Access und universitäre Sammlungen? Dann schreiben Sie uns gerne an !
. https://www.wikimedia.de/, zuletzt geprüft am 16.10.2024. ↑ ↩